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[…]

Die Gedanken sind eine Meute Hunde,
die ziehen an der Leine.
Ein Strauß Blumen in dem Moment,
in dem der Griff sich löst.
Ein Gas, das den Raum, der da ist,
gleichmäßig füllt.

Fragmente

Er stand früh auf, aß sein Müsli, trank seinen Kaffee, saß dann im Bus und sah aus dem Fenster: unbekannte Menschen in bekannten Straßen. Der Bus nahm die Kurven wie ein Alkoholiker den ersten Schluck, aber es war ihm nicht unangenehm, immer wieder gegen die Fensterscheibe gedrückt zu werden, und er wiederholte in Gedanken: And I find it soothing to be so confined. Es herrschte noch Maskenpflicht im Bus, in den Öffis … Seine Maske saß schlecht, wie so oft, und er dachte: Öffis, Öffis. And I find it soothing to be so confined.

Er ging einfach gerne durch die Stadt. Es war ein schöner Maitag, und die Sonne wärmte ihn, sodass er das Gefühl hatte: aufgeladen (100%). Er ging am Fluss entlang und kam in eine Gegend, wo er früher oft gewesen war. An jeder Straßenecke eine Erinnerung. Aber seine Erinnerungen hingen kaum zusammen, waren nur einzelne Bilder: Die Bank aus braunem Holz, auf der man sitzen und den Fuss fließen sehen konnte. Er drehte sich um: Der Spielplatz mit den Kindern und Müttern, ein Land mit eigenen Gesetzen. Auf der anderen Straßenseite das kleine Wirtshaus, unverändert: Hier konnte man Bier trinken. Dann die Berufsschüler, groß und grob waren sie ihm damals erschienen, und heute — — — Naja, sie rauchten immer noch ihre Zigaretten. Der Parkplatz, wo seine Mutter manchmal im Auto auf ihn gewartet hatte. Dahinter irgendein, ja — Copyshop.

Er war nie gerne hier gewesen, und eigentlich war er nie ganz anwesend, nie ganz da gewesen. Nach Schulschluss hatte er sich stets beeilt, den Bus zu erreichen. Jetzt ging er den alten Weg zur Bushaltestelle, der im Sonnenschein sich erstreckte: unscheinbar, unschuldig. Es ist unheimlich, dachte er, wie die Rückkehr an einen Ort alles wieder wachruft, was man empfunden hat — wer man gewesen ist. Er hatte hier nicht viel erlebt, er hatte alles absolviert. Jetzt stand er an der Bushaltestelle. Nichts Schlimmes war geschehen, nur — die Leere halt, ein bisschen Angst. Er hatte alles absolviert. Er stieg in den Bus ein, alles war erträglich gewesen.

Früher war er nie zu Fuß gegangen, hatte immer den Bus genommen, die Öffis … Deshalb hatte sich ihm der Zusammenhang der Stadt kaum erschlossen: Sie war für ihn kein Ganzes gewesen, sondern eher diese Straßenecke plus jener Park plus … Es hatte in allem der lebendige Zusammenhang gefehlt. Öffis, Öffis. Jetzt kam der Bus am Bahnhof an, und er stieg aus. Hier hatte er die Wahl zwischen verschiedenen Supermärkten. Er entschied sich für den, für den er sich immer entschied, und stand — wie immer — leicht überwältigt vor den prall gefüllten Regalen. Lange ging er vor den Spirituosen auf und ab, den Aristokraten der Supermärkte. Er war seit drei Jahren trocken, er empfand kein Verlangen, nur ein sanftes, wehmütiges Achja. Mit einem Ingwer-Shot aus dem Kühlregal ging er zur Selbstbedienungskassa. Just a perfect day.

Ein Rudel Natur

Der Krieg, der anderswo,
ist wie die Kälte draußen:
Nach dem Schlittschuhlaufen
schmeckt die heiße Schoko.

Leben ist: ein Innen,
abgerungen ewig großem Draußen.
Und wir legen neue Schlaufen
über uraltes Beginnen.

Natur ist nur ein anderes Wort
für: alles. Und das ist nichts.
So blubbern Worte des Gedichts,
solange Krieg herrscht — dort.

Long Covid

Tief im Spiel
ist das Kind.
Tiefer als wir
in der Welt.

Und ich trage
die Trainingsjacke wie eine Narrenkappe
und grüße
die Nachbarn.

Einst war auch ich
ein Kind.
Einst war auch ich.
Und bin.

Traum

In warm klirrender Nacht, wenn ich das Wenige,
das verlangt wird, nicht tun kann
und plötzlich, wider jede Vernunft, hinaus-
gehe, ins scheinbar große Draußen.

Dann sind die hohen Häuser satt, und es gleißt
eine Tankstelle in naher Ferne. Und ohne je-
mals wirklich anzukommen: draußen, in der Welt,
bin ich doch unterwegs dahin, um einzukaufen.

Nur der Bildschirm leuchtet mir, ringsum
ist alles dunkel. Bis die Sonne schließlich
aufgehen wird wie eine schwere Tür, bleibe ich
und sitze hier. Forever ich, forever hier.

Religion

Habt keine Angst, sagt Jesus immer wieder.
Und man wünscht sich so sehr,
gehorchen zu können. Aber
man kann nicht keine Angst haben.
Habt keine Angst, sagt Jesus immer wieder.
Habt keine Angst.
Habt keine Angst. Hab keine Angsr

Dennett on Philosophy

Philosophy has been the chief academic home of meta-representation for several thousand years. It can be alternatively gripping and amusing to watch Plato and Socrates, and later Aristotle, struggling so cleverly with the quite novel task of trying to understand everything, including the very state of understanding itself. The reflective steps – examining the meaning of meaning, the understanding of understanding, using words to analyze words – eventually led to the recognition that, as Doug Hofstadter and I once put it, „Anything you can do I can do meta.“ It doesn’t always yield insight, and sometimes threatens to lose the participants in a hall of mirrors with no clear anchoring in the real world, but such are the excesses of a meme (a meta-meme) of tremendous power.

(Daniel Dennett: From Bacteria to Bach and Back. The Evolution of Minds)

Bäume

Ich bin in den Bäumen, die sieden im Wind.
Wo sonst?
Die katzbuckelnd sich schmiegen
ins Lied. Denn was sonst?
Die wiegend sich fügen ins Leid.
(Und so weit, weiter, fort.)

Existence

Today, OREO Cookie tweeted:
Trans people exist.
And I don’t know, I just don’t know …

You talking to me?
You talking to me?
I wish that I was born a thousand years ago.

Actually, I don’t.
I don’t know where I’m going.
Away from the big city?

Where a man cannot be free?
I ain’t got to care.
And I guess I just don’t know, I just don’t know.

Wolfgang Herrndorf über Kunst

In 200 Jahren wird außerdem völlig klar sein, dass die Spitzenleistung der bildenden Kunst der Jahrtausendwende Grand Theft Auto war und nicht dieser subventionierte Nachdenkquatsch in zehn Meter hohen Hallen, hergestellt von Leuten mit drei Zahnrädern im Gehirn und begutachtet von Leuten ohne ein einziges.